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Innovation: Wandel aktiv gestalten

Marc Schäfer
Marc Schäfer lebt - unübersehbar - in Hamburg, trägt aber auch seine rheinländische Heimat im Herzen. Mit dem Innovationsbegleiter und Design-Thinking-Experten sprechen wir im triljen-Podcast darüber, wie Unternehmen komplexe Aufgaben und stagnierende Prozesse durch Nutzerzentrierung und schlummerndes Wissen in echte Innovationskraft verwandeln können.

Man hört und liest: Deutschland ist der Innovationskrise. Wir wollen etwas dagegen tun - oder besser unternehmen. Innovativ sein. Aber wie? Wie entsteht ein innovativer Mindset? Wie können Familienunternehmen systematisch den Weg aus der Innovations-Sackgasse finden?

Hören Sie das Interview in voller Länger in unserem triljen-Podcast:

 


Lesen Sie hier die Zusammenfassung:


triljen: Hallo, Marc, was sollten wir über Dich wissen?

Marc Schäfer: Ich beschäftige mich seit Jahren mit dem Thema Innovation. Aktuell lebe ich in Hamburg, aber ich komme ursprünglich aus dem Rheinland – eine Region, die mich immer noch prägt und inspiriert. Beruflich setze ich auf den Design-Thinking-Ansatz, weil er sich so stark an den Bedürfnissen der Nutzer orientiert. Innovation bedeutet für mich vor allem eines: Zusammenarbeit. Ich arbeite lieber mit Unternehmen als für sie. Warum? Weil in den Mitarbeitenden oft so viel Kreativität und Potenzial steckt, das man durch den richtigen Impuls freisetzen kann. Es ist faszinierend zu sehen, wie plötzlich Ideen sprudeln, wenn die Perspektive des Nutzers klar wird. Mein Motto lautet daher: Innovation beginnt im Kopf, muss aber schnell in die Umsetzung kommen, um Wirkung zu entfalten.

Du sagst, Innovation beginnt im Kopf und darf dort nicht bleiben. Sie muss umgesetzt werden. Fangen wir mal beim Kopf an: Wie schafft man einen innovativen Mindset?

Ein innovativer Mindset entsteht nicht von heute auf morgen, und er ist auch selten einfach vorhanden. In den meisten Unternehmen begegnen mir am Anfang eingefahrene Denkmuster. Das ist ganz normal: Menschen sagen Dinge wie „Das haben wir immer so gemacht“, weil sie Sicherheit in bewährten Methoden suchen. Aber genau hier beginnt meine Arbeit. Es geht darum, diesen Blick zu erweitern und den Mut zu fördern, etwas Neues auszuprobieren. Dazu setze ich auf kleine Schritte – niemand muss von Anfang an alles umkrempeln. Ein weiterer wichtiger Punkt sind heterogene und interdisziplinäre Teams. Oft sitzen die besten Ideen in den Köpfen von Menschen, die bisher nicht in Innovationsprozesse einbezogen wurden. Ein gutes Beispiel sind Mitarbeitende aus Bereichen, die nicht direkt mit Produktentwicklung oder Forschung zu tun haben. Sie bringen oft überraschende Perspektiven ein, die den gesamten Prozess bereichern.

Reicht es, Teams neu zusammenzustellen? Oder braucht es mehr, um wirklich innovativ zu sein?

Teams neu zusammenzustellen ist ein erster Schritt, aber es braucht mehr. Der Schlüssel liegt darin, den Blick konsequent nach außen zu richten. Viele Unternehmen kennen ihre Kunden erstaunlich wenig. Sie betrachten ihr Produkt oder ihre Dienstleistung aus einer rein internen Perspektive. Dabei bleibt oft unklar, wie die Kunden das Produkt tatsächlich nutzen oder welche Probleme sie damit haben. Im Design Thinking legen wir großen Wert darauf, den Problemraum genau zu analysieren, bevor wir uns mit Lösungen beschäftigen. Das mag zunächst etwas mühsam wirken, aber es ist unglaublich effektiv. Oft erkennen Unternehmen dabei, dass sie nicht das eigentliche Problem lösen, sondern nur Symptome angehen. Wenn wir den Problemraum verstanden haben, können wir Lösungen entwickeln, die nicht nur gut gemeint sind, sondern tatsächlich einen Unterschied machen.

Du hast gesagt, Innovation müsse nicht immer groß gedacht werden. Manchmal reichen kleine Veränderungen. Aber wie findet man das richtige Maß? Woher weiß man, ob eine Produktinnovation reicht oder eine Geschäftsmodellinnovation nötig ist?

Das richtige Maß zu finden, ist ein Prozess. Unternehmen kommen oft mit einer bestimmten Vorstellung zu mir, etwa: „Wir brauchen eine neue Produktidee.“ Doch im Verlauf der Arbeit zeigt sich manchmal, dass das Problem an einer ganz anderen Stelle liegt. Ein Beispiel: Ein Unternehmen wollte eine neue Produktlinie entwickeln. Im Design Thinking-Prozess wurde jedoch klar, dass ihre internen Abläufe ineffizient waren und das eigentliche Problem in den Prozessen lag. Nachdem wir diese optimiert hatten, ergaben sich automatisch neue Möglichkeiten für Service- und Produktinnovationen. Mein Rat lautet deshalb: Startet klein und flexibel. Testet eure Annahmen und seid bereit, den Kurs anzupassen, wenn sich neue Erkenntnisse ergeben. Kleine Schritte sind oft der Beginn großer Veränderungen, und sie nehmen den Menschen auch die Angst vor dem Unbekannten.

Der Fachkräftemangel, geringe Investitionsbereitschaft und sinkende Bildungsausgaben sind große Themen. Viele Unternehmen fragen sich, ob es der richtige Zeitpunkt für Innovation ist. Was sagst du dazu?

Ich höre diese Frage oft, und ich verstehe, warum sie gestellt wird. Die Rahmenbedingungen sind schwierig, und das verleitet dazu, lieber abzuwarten. Aber genau das halte ich für einen Fehler. Gerade in Zeiten wie diesen sollten Unternehmen aktiv werden. Transformation ist unausweichlich – ob wir sie gestalten oder nicht, sie passiert. Unternehmen, die jetzt die Initiative ergreifen, verschaffen sich einen Vorsprung, wenn die Rahmenbedingungen wieder besser werden. Und es braucht nicht immer große Budgets oder massive Umstrukturierungen. Oft reichen kleine, gezielte Maßnahmen, um Innovation in Gang zu setzen. Ein Beispiel: Ein Workshop über ein bis zwei Tage kann bereits viel bewirken. Dabei entstehen erste Ideen, die Teams motivieren und den Innovationsgedanken im Unternehmen verankern.

Du arbeitest mit Design Thinking. Kannst du uns erklären, wie dieser Ansatz funktioniert?

Design Thinking ist ein sehr vielseitiger Ansatz, der sich auf die Bedürfnisse der Nutzer konzentriert. Der Prozess beginnt mit einer intensiven Analyse des Problemraums. Hier nehmen wir uns die Zeit, das Problem in all seinen Facetten zu verstehen. Das mag ungewohnt sein, weil viele Unternehmen direkt in die Lösungsfindung einsteigen wollen. Aber ohne eine gründliche Problemdefinition riskieren wir, an den Bedürfnissen der Nutzer vorbeizuarbeiten. Sobald der Problemraum klar ist, gehen wir in den Lösungsraum. Hier kommen kreative Methoden wie „Reverse Thinking“ oder „Dark Horse“ zum Einsatz, um unkonventionelle Ideen zu entwickeln. Ein wichtiger Punkt ist, dass wir die Nutzer immer wieder einbeziehen, um unsere Ansätze zu testen und zu verbessern. So stellen wir sicher, dass die Lösungen nicht nur auf dem Papier gut aussehen, sondern auch in der Praxis funktionieren.

Was passiert mit den vielen Ideen, die in diesem Prozess entstehen? Werden sie alle umgesetzt?

Nein, nicht jede Idee wird umgesetzt, und das ist auch gut so. Es ist wichtig, den Fokus zu behalten und sich nicht zu verzetteln. Zu Beginn des Prozesses definieren wir einen klaren Rahmen – den sogenannten Project Scope. Das hilft, Prioritäten zu setzen und sicherzustellen, dass wir am Ende ein Ergebnis haben, das praktisch umsetzbar ist. Viele Ideen, die im Laufe des Prozesses entstehen, sind wertvoll, passen aber vielleicht nicht zum aktuellen Ziel. Sie können später weiterverfolgt werden. Entscheidend ist, dass das Team versteht, warum bestimmte Ideen priorisiert werden und andere nicht.

Welche Voraussetzungen sollten Unternehmen mitbringen, um einen Innovationsprozess zu starten?

Unternehmen sollten sich zunächst klar machen, was sie erreichen wollen. Gibt es ein konkretes Problem, das gelöst werden soll, oder geht es eher darum, neue Möglichkeiten zu erkunden? Wichtig ist auch, dass die Beteiligten bereit sind, eingefahrene Denkmuster zu hinterfragen und sich auf neue Methoden einzulassen. Ein heterogenes Team, das verschiedene Perspektiven einbringt, ist ebenfalls von Vorteil. Manchmal lohnt es sich, externe Experten hinzuzuziehen, aber oft finden sich auch intern Menschen, die begeistert an Innovation arbeiten wollen.

Zum Schluss: Was ist dein Fazit oder Credo für Unternehmen, die über Innovation nachdenken?

Unternehmen sollten den Mut haben, Innovation anzupacken. Es braucht nicht viel, um den ersten Schritt zu machen. Ein kleiner Workshop kann schon ausreichen, um erste Ideen zu entwickeln und den Prozess in Gang zu setzen. Mein Appell lautet: Innovation ist greifbarer, als viele denken. Sie beginnt mit einem klaren Blick auf die Probleme und Bedürfnisse der Nutzer und entwickelt sich durch kleine, kontinuierliche Schritte. Wer heute beginnt, gestaltet aktiv die Zukunft – und das zahlt sich langfristig aus.

Wir danken Marc Schäfer für dieses inspirierende Gespräch.

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