Kategorien: Trends, Corporate Culture, Transformation, Organisationsentwicklung Ist das neue Normal das alte Normal?

Ist das neue Normal das alte Normal?

Teamarbeit vor Corona, von Angesicht zu Angesicht... wird es jemals wieder so sein? 

Für viele Unternehmerinnen und Unternehmen stellt sich die Frage, wie das neue Normal am Arbeitsplatz aussehen soll. Einfach so zurückkehren in den Alltag und so tun, als habe es Corona nicht gegeben?

Um es gleich vorwegzunehmen: Ich freue mich darauf, meinen Kolleginnen und Kollegen endlich mal wieder in die Augen schauen zu können und mich mit ihnen unmittelbar austauschen zu können.

Bei den ersten Präsenz-Kundengesprächen und -Coachings der Post-Corona-Ära war das immer wieder Thema: Wie schön es sei, dass man sich jetzt wieder live treffen könne. Und dass man jetzt endlich wieder vernünftig arbeiten könne.

Und hier ist Punkt, an dem ich nachdenklich werde: Heißt das im Umkehrschluss, dass wir künftig wieder alle jeden Tag ins Büro kommen? Auch diejenigen, die ihre Arbeit nicht zwingend dort verrichten müssen? Wenn wir das so wollen, können wir das so haben. Aber für mich fühlt es sich an wie ein Rückschritt.

Mich erstaunt, wie verbissen und wie wenig chancenorientiert die Diskussion vereinzelt noch geführt wird, wenn man zum Beispiel in einer mitten im Lockdown durchgeführten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung liest, dass 60% der Befragten Arbeit aus dem Home Office als hilfreich und wenig belastend bewerten.

HYBRIDES ARBEITEN IST DIE ZUKUNFT

Wo die entsprechende Infrastruktur vorhanden ist, leidet die Produktivität nicht. Im Gegenteil, manche Mitarbeiter blühen im Home-Office regelrecht auf. Sie genießen die Freiheit, sparen sich die Zeit des Pendelns zum Arbeitsplatz und entlasten die Umwelt. Wenn Menschen Spaß an ihrer Arbeit haben und in ihrem Tun ihre Erfüllung sehen, können das Mehr an Flexibilität und das Vertrauen an sich die Motivation steigern. Menschen schildern, sie seien mehr bei ihrer eigentlichen Arbeit und können tiefer eintauchen in Fragestellungen.

Viele Unternehmen haben sich aus der Not heraus mit Themen wie Videokonferenzen, Remote-Arbeit und sicheren Cloud-Lösungen für die Datenablage befassen müssen. Themen, die ohnehin mal angestanden haben. Es sind neue Websites und E-Commerce-Plattformen entstanden. Auch, wenn´s viele Unternehmen kalt erwischt hat – die meisten haben die Zeit gut genutzt.

All das, was sich hier entwickelt hat, ist viel zu kostbar, um es dem alten Trott zu opfern. Wer auf Eigenverantwortung setzt, hat keinen Grund, Menschen, die gezeigt haben, dass sie verantwortungsvoll von zuhause aus arbeiten können, diese Möglichkeit wegzunehmen.

Die Zukunft gehört in vielen Bereichen dem hybridem Arbeiten, bei dem viel einiges im Home-Office erledigt werden kann, in dem es aber auch Phasen bewusster und zielgerichteter Präsenz gibt. Eine Studie von Prognos im Auftrag des Bundesfamilienministeriums liefert dafür einigen Stoff zum Nachdenken: Führungskräften sei bewusster geworden, wie wichtig eine höhere Familienorientierung für die Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter sei. Und der befürchtete Kontrollverlust oder ein Sinken der Produktivität sei in den meisten Unternehmen nicht festzustellen gewesen.

Umgekehrt ist aber auch eine neue Wertschätzung für das Miteinander am Arbeitsplatz entstanden. Manches lässt sich nun mal im direkten Miteinander besser klären. Und Teams merken, dass sie den Austausch brauchen. Dann etwa, wenn neue Mitarbeiter*innen ins Unternehmen kommen oder Kundenprojekte in einer Phase sind, in der viele schnelle Abstimmungen mehrerer Beteiligter erforderlich sind.

DIGITALE KOMPETENZ GEWINNEN

Vor allem die digital affinen Mitarbeiter, bestätigen die Untersuchungen, haben kaum Probleme mit der neuen Remote-Arbeit. Hier schließt sich der Kreis: Gerade digitale Kompetenzen gehören zu den Mangelqualifikationen in vielen Regionen Deutschlands. Dort, wo Arbeiten aber auch zu einem Gutteil von zuhause erledigt werden können, wird der Radius bei der Suche nach den oft so knappen Fach- und Führungskräften größer: Ein Arbeitnehmer, der nicht fünfmal in der Woche in sein Unternehmen pendeln würde, wäre leichter für eine Aufgabe auch an einem 50 oder 100 Kilometer entfernten Ort zu gewinnen, wenn er – eventuell nach einer Kennenlern- und Einarbeitungsphase – nicht täglich, sondern bei Bedarf vor Ort ist.

Intrinsisch motivierten Mitarbeitern muss keine Präsenz verordnetet werden. Sie kommen aus eigenem Antrieb in die Arbeit, wenn sie das Gefühl haben, dass es für die Ergebnisse ihrer Arbeit wichtig ist. Mein Plädoyer daher: Soviel Home-Office wie möglich und soviel Präsenz wie nötig. Der Grund dafür, dass Präsenz am Arbeitsplatz stattfindet, ist nicht, dass sie stattfinden muss, sondern dass wir kunden-, unternehmens- und mitarbeiterseitig den Mehrwert des unmittelbaren Austauschs und Zusammenarbeitens sehen.

Lasst uns unsere Energie besser so investieren, dass wir die kostbare gemeinsame Präsenzzeit bewusst miteinander für die Dinge nutzen, in denen Teams im unmittelbaren Miteinander ihrer Stärken ausspielen. Dafür gilt es, beispielsweise mit attraktiven Arbeitsplätzen, die kollaboratives Arbeiten ermöglichen, den Rahmen zu setzen.

Zu den größten Herausforderungen der Post-Corona-Zeit gehört es, neue Mitarbeiter*innen zu integrieren. Denn viele Unternehmen wollen jetzt, nachdem der Konjunkturmotor wieder anspringt, wachsen. Immer wieder erleben wir auch, dass die Neuen, die in den letzten Monaten dazugekommen sind, ihre Kolleginnen und Kollegen kaum persönlich kennengelernt haben. Hinweise dazu, wie Sie als Unternehmer die Weichen so stellen können, dass Neuzugänge möglichst schnell ihre Potentiale entfalten, erhalten Sie in unserem Leitfaden mit Checkliste zum erfolgreichen Onboarding.

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